Gedanken zu meinen Drechselarbeiten.
Dem wunderbaren Rohstoff Holz war ich von jeher zugetan.
Vor fünfundsechzig Jahren, 1950, legte ich meine Gesellenprüfung als Schreiner, oder auch Tischler, wie man in meiner schlesischen Heimat zu sagen pflegte, ab. Trotz Studium der Theologie, Kunst und Pädagogik und langjähriger
Tätigkeit im Schuldienst blieb ich meinem geliebten Holz treu.
So wie es mir möglich war, richtete ich in meinem Haus eine Tischlerwerkstatt ein. Fast alle Möbel in meinem Haus kamen aus meiner Werkstatt
Während meines Studiums der Kunst, an der Hochschule Aachen, war es vor Allem die Holzbildhauerei die mich faszinierte.
Später holte ich mir eine Drechselbank in die Werkstatt. Nachdem ich in Tirol in
einem Drechselkurs, bei einem sehr tüchtigen Meister, viel dazu gelernt habe, komme ich kaum los von meiner Drechselbank. Dabei geht es mir nicht darum
aufzuzeigen, dass mir mit großer Geschicklichkeit komplizierte Formen gelingen. Ich möchte vor allem das einzigartige der jeweiligen Holzart, mit seiner besonderen Maserung und farblichen Tönung zur Geltung kommen lassen. Darum bevorzuge ich schlichte Formen, so etwa die Schale oder den Teller. Diese Urformen menschlicher Gefäße sind besonders geeignet die Schönheit des Materials Holz deutlich zu machen.
Es macht mich traurig, wenn ich bedenke, dass so mancher alt gewordene Obstbaum im Kamin zu Asche wird. Gerade Obstbaumholz zeigt in gedrechselter Form seine besondere Schönheit. Es ist mir eine besondere Freude, wenn ich mir die Frühstücksbrötchen aus der Schale von meinem
alten, vor Jahren gefällten Kirschbaum, nehmen kann. So bleibe ich meinem,
von mir gepflanzten Kirschbaum, ein Leben lang verbunden .Das Frühstücksei
wird mir im Eierbecher aus dem Holz des abgestorbenen Pflaumenbaumes serviert.
Wenn ich so vor meiner rotierenden Holzscheibe an der Drechselbank stehe,
kommt man schon mal ans Philosophieren. Es dreht sich alles, die Erde um sich selbst und um die Sonne. Der Tages- und Jahreslauf, so wechselhaft sie sind,
wiederholen sich immer wieder auf Neue.
Die Menschen im Orient haben daraus die Erkenntnis gewonnen, dass alles
Gewesene wiederkommt. So entwickelte sich ihr Geschichtsverständnis und
ihre Vorstellung von der Wiedergeburt.
Die Menschen hier im Abendland, geprägt vom Judentum und Christentum glauben an einen Anfang und dem zielgerichteten Verlauf der Zeit zu einem
Ende, einem Ende in der Vollkommenheit.
Wenn meine Holzscheibe rotiert, kommt sie ständig an mein formendes Werkzeug. Im Laufe der steten Umdrehung bekommt das Stück eine veränderte Form und wird so langsam zur Vollendung gebracht.
So bringe ich mein Tun in einen größeren Zusammenhang. Es hilft mir das Leben in seiner Vielfalt besser zu verstehen. Ja, so ist das wohl, wenn ein Drechsler anfängt zu philosophieren.
Es hat einmal jemand gesagt: „Das Leben hier ist viel zu kurz und zu wertvoll, um sich mit anspruchslosen Dingen zu umgeben.
Unserem wertvollen Leben entsprechen doch mehr schöne, ansprechende, wertvolle Gegenstände.“
Fast alle uns umgebende Gebrauchsgegenstände sind von der Stange, das heißt in Serie gefertigt.
hier aber, bei allen an der Drechselbank entstandenen Gegenständen haben wir es immer mit einem Unikat zu tun. Hier nun eine Auswahl verschiedener Arbeiten aus jüngster Zeit.
Liebevoll zusammengestellt und Fotografiert von Roman Hövel aus Kall.
Gedanken zu einem Eierbecher
Mit zunehmendem Alter erkennt man deutlicher wie wertvoll doch das Leben mit seiner Verwobenheit mit der uns umgebenden Welt ist
Wie leichtfertig man doch in der Vergangenheit mit seinem eigenen Leben, seiner Gesundheit seiner Zeit seinen Möglichkeiten, seinen Mitmenschen der uns geschenkten Natur und all den uns umgebenden Dingen umgegangen ist.
Mehr und intensivere Aufmerksamkeit wäre geboten gewesen
Man braucht heute das Wort Achtsamkeit in diesem Zusammenhang. Seit ich dieser Achtsamkeit mehr Aufmerksamkeit schenke wurde dieses, meine Leben, reicher. Dieser kleine Eierbecher, den ich gedrechselt habe, mag als Beispiel dienen.
Neben meinem Hauseingang steht eine von mir gepflanzte Eibe, sie hat sich im Laufe der Zeit so breit gemacht, auch so viele rote Beeren im Herbst getragen und schließlich abgeworfen, dass die Besucher meines Hauses durch klebrige Marmelade waten mussten, um in mein Haus zu gelangen. Diese Eibe musste ich nun leider kappen.
Es bot sich an das Holz zu verbrennen.
Ich hatte es es schon auf länge gesägt, als ich auf der Schnittfläche die Jahresringe, meiner Lebensjahre zählte.
Da kam mir der Gedanke das Holz nicht einfach in Asche zu verwandeln.
Ich spannte es in meine Drechselbank und drehte daraus diesen schönen Eierbecher.
So kann dieses kleine Stück Holz noch lange nach mir erzählen von meinem Haus und der Schönheit und Einmaligkeit der Natur und dem der dieses Stückchen Holz zu veredeln suchte.
In einer Zeit in der unsere täglichen Gebrauchsgegenstände fast Ausnahmslos in Serie gefertigt werden, hab ich hier ein wirkliches Unikat geschaffen.
Wenn ich ein schönes Stück Holz bekomme, das sich zu Drechseln lohnt, verwandele ich es mit Achtsamkeit und Aufmerksamkeit in einen nützlichen Gegenstand.